Geschichte der Intensivverlegungssysteme in Niedersachsen

Einen Bedarf für Arzt begleitete Verlegungen von Krankenhauspatienten schien es schon lange in Niedersachsen zu geben. Als einer der ersten Ambulanzflugdienste Deutschlands wurde 1984 der Ambulanzflugdienst Niedersachsen, stationiert am Flughafen Hannover-Langenhagen, ins Leben gerufen (Abb. 1).

Dabei handelte es sich um eine Kooperation von Johanniter-Unfall-Hilfe (Ortsverband Deister) und der damaligen Deutschen Rettungsflugwacht. Die Hubschrauber wurden vom Helicopter-Service Hannover (HSH) gestellt. Während für Flüge am Tag eine eigens dafür vorgesehene Aérospatiale AS 350 eingesetzt wurde, musste für Nachtflüge eine Augusta A 109 umgerüstet werden, die sonst für Charterflüge genutzt wurde (Abb. 2-4, Broschüre AFD Nds. 1984 Seiten 1-3, Beitrag DÄB 1988).

Als weiterer Dienst entstand 1985 der Ambulanzflugdienst-Nord (Abb. 5)
aus der Zusammenarbeit des 1985 gegründeten Hubschrauber-Sonderdienstes (HSD) und des DRK im Landkreises Hannover (Rettungsdienstverband Springe), der mit einer AS 355 Twin vom Flughafen Hannover-Langenhagen aus agierte.


Darüber hinaus wurde in Göttingen-Harste eine Bell 222 stationiert, die von dort aus – allerdings nur selten – zum Einsatz kam (Abb. 6 und 7).

Phasenweise haben noch weitere Luftfahrtunternehmen ihre Dienstleistungen in diesem Sektor angeboten, da keine Beauftragungen existierten. Ende der 1980er Jahre zog sich daher die DRF aus dem Ambulanzflugdienst in Niedersachsen zurück. Die Kooperationen zwischen HSH/JUH und HSD/DRK bestanden zwar weiter, allerdings war unübersehbar, dass die Konkurrenz in einem unregulierten System nicht zukunftsweisend war. Obwohl ein Bedarf für Intensivtransporte zu bestehen schien, wurde in der ersten Fassung des niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes (NRettDG) vom 29.01.1992 der Intensivtransport dennoch nicht als Teil des Sicherstellungsauftrages (§2) erwähnt. 1992 schlossen bereits bekannte Protagonisten eine neue Kooperation: die DRF stellte zusammen mit der Firma Wiking Helicopter Service eine Sikorsky S-76 als Intensivtransporthubschrauber (ITH) in Dienst. Das medizinische Personal wurde vom DRK im Landkreis Hannover und der JUH Hannover gestellt. Obwohl der offizielle Rufname des ITH Akkon Niedersachsen 88/81 lautete, wurde der noch nicht genehmigte Rufname Christoph Niedersachsen immer häufiger eingesetzt. Am 1. Oktober 1995 stationierte der HSD schließlich eine Bell 222 an der Station in Hannover.

Mitte der 1990er Jahre war die Situation durch die Angebote der Unternehmen so unübersichtlich geworden, so dass nach einer Gerichtsentscheidung des OVG Lüneburg das Niedersächsische Sozialministerium mit Mitteilung vom 8. Februar 1996 festgelegt hat, dass außer den fünf Primärhubschraubern nur noch die Luftfahrtunternehmen HSD (Hubschrauber-Sonderdienst) und HSH (Helicopter-Service-Hannover) beauftragt werden durften. Da die Firma Wiking Helicopter Service als Unternehmen in Niedersachsen firmierte, war ihre Tätigkeit ebenfalls zulässig, wenn auch nicht erwähnt.
Schließlich wurde am 24. März 1995 ein Gutachten zur Bedarfsplanung der Luftrettung in Niedersachsen in Auftrag gegeben. Am 10. September 1996 veröffentlicht, hatte es einen Bedarf von zwei Verlegungshubschraubern ermittelt. Grundlage hierfür war eine geschätzte Zahl von 1000 Sekundärtransporten pro Jahr. Allerdings vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Primärhubschrauberstationen von fünf auf drei reduziert werden sollte. Zudem gab es zu diesem Zeitpunkt keine beauftragten Anbieter für bodengebundene Intensivverlegungssysteme.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts schlossen sich dann DRF und HSD zum Team-DRF zusammen. Zuvor war der Betrieb der S-76 als ITH eingestellt worden, so dass seither nur noch der vom HSD betriebene ITH – seit 1996 eine MD 900 (Abb. 8) – als Christoph Niedersachsen betrieben wurde.
Wie in der Luftrettung gab es seit Mitte der 1980er Jahre auch Initiativen für bodengebundene Systeme für Intensivverlegungen. Ununterbrochen seit dieser Zeit betreibt die JUH Hannover einen oder mehrere ITW. Eine offizielle Beauftragung gab es aber auch hier zunächst nicht, da die Fahrzeuge mit dieser Funktion nicht in Bedarfsplänen der kommunalen Träger der Rettungsdienste vorgesehen waren. Im Raum Hannover stellten weitere Betreiber ITW in Dienst (z.B. ITW des DRK RDV Springe an der RW Altwarmbüchen), allerdings nur vorübergehend. Am zweitlängsten in Niedersachsen, seit dem Jahr 2000, führt auch das DRK KV Hameln-Pyrmont bodengebundene Intensivtransporte durch und betreibt einen ITW.

Formal war die Aufgabe des Intensivtransportes in Niedersachsen damit ausschließlich dem Intensivtransporthubschrauber (ITH) „Christoph Niedersachsen“ übertragen worden. Für nicht disponible Verlegungen wurden zudem auch die fünf niedersächsischen Rettungshubschrauber (RTH) in Göttingen, Hannover, Uelzen, Sanderbusch und Wolfenbüttel eingesetzt („5+1 Konzept“).
Dass ein Bedarf für bodengebundene Intensivverlegungssysteme in Niedersachsen bestand, war schon vor der Novellierung des NRettDG erkennbar geworden, da mit dem „5+1 Konzept“ die Verlegung von Patienten unter intensivmedizinischen Bedingungen einerseits nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit realisiert werden konnten. Sei es weil der ITH nicht verfügbar war, Wetterbedingungen einen Flug nicht zuließen oder die damals zumeist eingesetzten RTH (vor 2007 Typ MBB BO 105) für Verlegungen nicht immer geeignet waren. Darüber hinaus wurde von verschiedenen Kostenträgern der Einsatz eines ITH für Verlegungen über kurze Distanzen als unwirtschaftlich und nicht indiziert bemängelt, insbesondere dann, wenn die Entfernung vom Standort zum Einsatzort bzw. vom Zielort zum Standort deutlich länger war, als die Entfernung von abgebender zu aufnehmender Klinik. Zudem wurden nicht selten ITW und ITH aus angrenzenden Bundesländern angefordert, um Patienten unter intensivmedizinischen Bedingungen verlegen zu können.

Um dem Bedarf entsprechen zu können, gehört der Intensivtransport seit der Novellierung des NRettDG, in der Fassung vom 2. Oktober 2007, zum Sicherstellungsauftrag des Rettungsdienstes (§2 Abs. 2 Nr. 2).
In der Folge werden zusätzlich zum in Hannover stationierten ITH an vier Standorten (Göttingen, Hameln, Hannover und Oldenburg) bodengebundene Intensivverlegungssysteme im Sinne des Gesetzes etabliert. Vier ITW stehen an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr zur Verfügung und ein weiterer Montag bis Freitag von 7:30 Uhr bis 17:30 Uhr. Weiterhin wurde auf Grundlage des novellierten NRettDG die KoST in die Regionsleitstelle Hannover verlegt. Die KoST übernimmt die Koordination von luft- und bodengebundenen Intensivtransporten mit RTH/ITH und ITW, soweit ein RTH oder ein ITW (Göttingen, Hameln) nicht durch eine regionale Leitstelle eingesetzt wird.